AVEM - Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster
Anwendung
AVEM ist für vielfältige Fragestellungen im Kontext von Arbeit und Gesundheit einzusetzen. Das Verfahren erlaubt Aussagen über gesundheitsförderliche bzw. -gefährdende Verhaltens- und Erlebensweisen bei der Bewältigung von Arbeits- und Berufsanforderungen. Damit bietet es sich vorrangig für die Früherkennung gesundheitlicher Risiken sowie die Begründung und Ableitung präventiver Maßnahmen an. Die Ergebnisse des AVEM sind erstens für die personenbezogene Intervention nutzbar (Unterstützung von Beratung, Coaching, Supervision, Gesundheitszirkeln, einschlägigen Trainingsmaßnahmen etc.). Zweitens sind sie vor allem dann, wenn ganze Arbeitsbereiche einbezogen werden, auch für die gesundheitsfördernde Arbeits- und Organisationsgestaltung heranzuziehen. In beiden Fällen empfiehlt sich der Einsatz i. S. der Vor- und Nachmessung, um auch Interventionseffekte kontrollieren zu können.
AVEM ist in zwei Versionen verfügbar. Zusätzlich zur Standardform mit 66 Items wird eine Kurzform mit 44 Items bereitgestellt (AVEM-44). Es empfiehlt sich, die Standardform insbesondere bei individualdiagnostischen Fragestellungen zu verwenden. Die Kurzform ist vor allem für Studien mit größeren Personenzahlen gedacht, bei denen gruppenbezogene Aussagen angezielt sind.
Aufbau und Inhalt
AVEM ist ein mehrdimensionales persönlichkeitsdiagnostisches Verfahren. Es werden Selbsteinschätzungen auf 11 theoretisch begründeten und faktorenanalytisch untermauerten Dimensionen erhoben: Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit, Beruflicher Ehrgeiz, Verausgabungsbereitschaft, Perfektionsstreben, Distanzierungsfähigkeit, Resignationstendenz bei Misserfolg, Offensive Problembewältigung, Innere Ruhe und Ausgeglichenheit, Erfolgserleben im Beruf, Lebenszufriedenheit, Erleben sozialer Unterstützung.
Das Zueinander dieser Dimensionen wird im Weiteren in vier arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmustern ausgedrückt: G (Gesundheit), S (Schonung), A (Risiko i. S. der Selbstüberforderung) und B (Risiko i. S. von chronischem Erschöpfungserleben und Resignation). Für jede Person wird die Ähnlichkeit ihres Profils mit diesen vier Referenzmustern ermittelt. Dabei werden volle, akzentuierte und tendenzielle Musterausprägungen sowie Musterkombinationen unterschieden.
In der Standardform sind den 11 o. g. Dimensionen je 6 Items, in der Kurzform je 4 Items zugeordnet. Die Stellungnahmen zu den Items werden auf einer 5stufigen Skala verlangt (von trifft völlig zu bis trifft überhaupt nicht zu). Zur Unterstützung des Antwortverhaltens sind die Skalenstufen doppelt kodiert (verbal und grafisch).
Reliabilität
AVEM weist in allen 11 Skalen hohe innere Konsistenz auf (Cronbach’s α für die Standardform zwischen .79 und .87, für die Kurzform zwischen .75 und .83.). Erwartungsgemäß liegen die Stabilitätskoeffizienten niedriger. Sie lassen eine Veränderbarkeit der Merkmale in Abhängigkeit von der Zeitspanne und der Variabilität der Umweltbedingungen erkennen. Es ist also gewährleistet, dass mittels AVEM zuverlässig und zugleich veränderungssensitiv gemessen werden kann. Damit erlaubt es der wiederholte Einsatz des Verfahrens, arbeits- wie auch interventionsbedingte Modifikationen abzubilden (auf der Eben der Skalen und der Muster).
Validität
AVEM ist ein umfassend validiertes Verfahren. Die Validität wird durch Ergebnisse auf mehreren Ebenen belegt: Erstens ist eine klare, mit der Messintention übereinstimmende und bei verschiedenen Stichproben replizierbare Faktoren- und Clusterstruktur hervorzuheben. Zweitens konnten für die einzelnen Skalen inhaltlich schlüssige Beziehungen zu Merkmalen anderer Verfahren bestätigt werden. Drittens ließ sich für die vier Verhaltens- und Erlebensmuster anhand einer Vielzahl von Binnen- und Außenkriterien die Gesundheitsrelevanz überzeugend nachweisen. Auf Grund der hohen inhaltlichen und strukturellen Übereinstimmung beider Verfahrensversionen gelten die Validitätsaussagen für die Standardform und die Kurzform AVEM-44 gleichermaßen.
Durchführung und Auswertung
AVEM kann in beiden Versionen als Papier-Bleistift- oder als computergestütztes Verfahren (Wiener Testsystem, Schuhfried/Mödling) durchgeführt werden. Unabhängig von der Art der Darbietung beträgt die Bearbeitungszeit für die Standardform ca. 12 Minuten und für die Kurzform ca. 8 Minuten.
Bei der Auswertung werden erstens die Ausprägungen in den 11 Skalen und zweitens die Ähnlichkeiten mit den obigen Referenzprofilen (Mustern) bestimmt. Wird die Papier-Bleistift-Form angewendet, so kann der Proband/die Probandin selbst die Skalenwerte problemlos per Hand ermitteln. In diesem Falle ist die Zuordnung zu den 4 Mustern allerdings nur per Augenschein möglich. Bei Nutzung der Computer-Form wird für die Skalenwerte ein automatischer Normenvergleich durchgeführt und darüber hinaus das Ausmaß der Ähnlichkeit mit den 4 Referenzmustern ausgewiesen. Um die Möglichkeiten der computergestützten Auswertung auch für die Papier-Bleistift-Form voll auszuschöpfen, liegt dem Testmaterial ein Auswertungsprogramm bei.
Normierung
AVEM liegen zwei verschiedene Arten von Normen zugrunde. Zum Ersten sind die auf die Skalenwerte bezogenen Normen zu nennen. Sie werden für beide Versionen (Standard- und Kurzform) in Bezug auf Berufsgruppen und darüber hinaus für Studierende bzw. Auszubildende und Patienten aufgeführt, wobei nach deutschen und österreichischen Normstichproben unterschieden wird. Es wurden dafür die Daten von insgesamt 31979 Personen berücksichtigt.
Zum Zweiten ist auch die für jede Person bestimmbare Ähnlichkeit mit den vier Referenzmustern G, S, A und B (ausgedrückt über die Zuordnungswahrscheinlichkeit) als Norm zu betrachten. Es wird damit eine zusammenfassende Aussage über das Ausmaß gesundheitsförderlicher oder -gefährdender Verhaltens- und Erlebensweisen getroffen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es geboten, für alle Personen das gleiche Bezugssystem, also eine generelle Norm zugrunde zu legen.